Menschen mit Lernschwierigkeiten
Menschen mit Lernschwierigkeiten möchten nicht länger geistig behindert genannt werden. Sie empfinden diesen Begriff zurecht als herabwürdigend. Lernschwierigkeiten oder Lernbeeinträchtigungen können die Auffassung, die Denkfunktionen, die Sprache und die sozialen Fähigkeiten, aber auch die motorische Entwicklung betreffen. Diese Störungen führen sehr häufig zu Nachteilen im sozialen Miteinander und in der Teilhabe am Leben. Kontaktaufnahme und Beziehung zu anderen aber auch das Durchsetzungsvermögen sind erschwert. Oft ergibt sich daraus ein vermindertes Selbstwertgefühl. Das innere Gleichgewicht kann verloren gehen.
Für Lernschwierigkeiten gibt es zahlreiche Ursachen. Sie können beispielsweise Folge eines speziellen Krankheitsbildes oder durch Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt entstanden sein. Beeinträchtigungen der Lernfähigkeit machen sich oft schon im frühen Kindesalter bemerkbar. So werden die Entwicklungsschritte der Kinder oft verzögert oder unvollständig durchlaufen.
Der Begriff “Menschen mit Lernschwierigkeiten“ ist eine Sammelbezeichnung für die unterschiedlich ausgeprägten Beeinträchtigungen und Ausprägungen geistig-intellektueller Einschränkungen. Solche Ausprägungen werden mit Hilfe des Intelligenzquotienten genauer bestimmt. Es wird zwischen leichter, mittelgradiger, schwerer und schwerster Intelligenzminderung unterschieden.
Menschen mit leichten Lernschwierigkeiten sind in der Lage, sich selbst zu versorgen und schaffen es, einen eigenen Haushalt zu führen. Meist ergeben sich Schwierigkeiten in der schulischen Ausbildung. Im Beruf finden sie oft Tätigkeiten mit praktischem Schwerpunkt. Sprechen und Verstehen wird oft mit einer Verzögerung erlernt. Betroffene haben meist nur einen leichten Hilfebedarf. Nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt bei ihnen ein Intelligenzquotient von 50 bis 69 vor.
Bei mittelgradiger bis schwerer Lernschwierigkeit sind die Menschen in ihren sprachlichen Fähigkeiten begrenzt. Manche können sich an einer einfachen Unterhaltung erfreuen, andere schaffen es nur, einfache Bedürfnisse sprachlich auszudrücken oder erlernen das Sprechen nicht. Ihre schulischen Leistungen sind reduziert. Manche erlernen das Schreiben und Lesen und können mit Zahlen umgehen. Betroffene habe einen Hilfebedarf im alltäglichen Leben. Nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben Menschen mit mittelgradiger Lernschwierigkeit einen Intelligenzquotienten von 35 bis 49 und Menschen mit schwerer Lernschwierigkeit einen Intelligenzquotienten von 20 bis 34.
Menschen mit schwerster Lernschwierigkeit können einfachste Aufforderungen oder Anweisungen nicht verstehen. Oft sind sie auch in ihrer körperlichen Beweglichkeit eingeschränkt. Sie schaffen es kaum, ihre Grundbedürfnisse zu benennen. Einfachste Fertigkeiten sind ihnen aber möglich. So schaffen sie es oft, zu sortieren oder Dinge zuzuordnen. Betroffene haben einen hohen Hilfebedarf. Hier liegt der Intelligenzquotient laut WHO bei unter 20.
Die Teilhabe am sozialen Leben ist Menschen mit Lernschwierigkeiten möglich. Es gilt jedoch, sie gut zu fördern, ihnen das Wohnen und Arbeiten zu ermöglichen und ihnen Gelegenheit zu geben, auch ihre Freizeit zu gestalten. Die Hilfs- und Förderangebote sollen sich nach der Ausprägung der Lernbehinderung richten.
Kann man Lernbeeinträchtigungen behandeln?
Da eine Lernbeeinträchtigung nicht „geheilt“ werden kann, ist das Ziel einer Behandlung vielmehr, die Kompetenz der betroffenen Person in ihrem individuellen Rahmen zu erhöhen, damit diese ein möglichst eigenständiges und erfülltes Leben führen kann. Hier bieten sich vor allem Übungen- und heilpädagogische Angebote an, bei denen auch die Bezugspersonen der betroffenen Menschen mit einbezogen werden sollten.
Zusätzlich können weitere Therapieformen wie Verhaltenstherapie oder pädagogische Maßnahmen helfen, wenn die betroffene Person bestimmte Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressivität oder selbstverletzendes Verhalten zeigt. Bei manchen Auffälligkeiten können auch Medikamente eingesetzt werden.
Leider sind betroffene Personen oft auch von psychischen Krankheiten geplagt. Oft werden die Symptome psychischer Erkrankungen übersehen oder sie werden allein der Lernschwierigkeit zugeordnet. Dies kann dazu führen, dass Betroffene nicht ausreichend behandelt werden. Es ist daher unbedingt erforderlich, erfahrene Psychiaterinnen und Psychiater bei neu auftretenden Symptomen hinzuzuziehen.
Wo bekomme ich Hilfe?
In den Kliniken des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) werden spezielle Behandlungen für Personen mit Intelligenzminderung angeboten. Es gibt sowohl Sprechstunden für Menschen mit Intelligenzminderung als auch spezielle stationäre, teilstationäre und ambulante Angebote für Betroffene mit zusätzlichen psychiatrischen Erkrankungen.
Welche Tipps gibt es für Angehörige?
Da sich eine Lernschwierigkeit meist schon früh zeigt, sind zuerst die Eltern mit den Beschwerden und Problemen ihrer Kinder konfrontiert. Da je nach Stärke der Intelligenzminderung der Umgang mit dem Kind sowie die Pflege des Kindes hohe Anforderungen stellen, ist es wichtig, dass Sie als Angehörige auf ihre persönlichen Grenzen achten und sich nicht überfordern. Nehmen Sie frühzeitig Hilfe in Anspruch. Wenden Sie sich an eine Ärztin oder einen Arzt oder eine Beratungsstelle und lassen Sie sich über mögliche Förder-, Hilfs- und Entlastungsangebote aufklären.